Astronomie und Videospiele

Nach langem Hin- und Herueberlegen, ob ich tatsaechlich mal wieder ein zeitintensives Videospiel spielen sollte, hab ich mich neulich dafuer entschieden: es gab naemlich die drei Mass Effect Spiele im Sparpack beim Saturn. Wer’s nicht kennt: ist ein grossartiges Weltraum-Rollenspiel. Ich hab gerade den ersten Teil durchgespielt, und ich will keine Spoiler hoeren!

Jedenfalls, eine der vielen Sachen, die ich so herzerwaermend fand, war diese: man kann ganz viele Planeten in unterschiedlichen Sternsystemen erforschen, und alle diese Planeten haben so realistische und wissenschaftlich fundierte Beschreibungen, dass sie selbst Astrophysikern wie mir generell plausibel erscheinen. Da haben sich die Leute echt Muehe gegeben.

Eine Sache ist mir aber aufgefallen, die ich dann mal nachrechnen musste. Man stoesst irgendwann auf den Planeten Jarfor, der so beschrieben wird: “Jarfor ist ein ‘Hot Jupiter’-Gasplanet… sehr aehnlich dem Planeten um 51 Pegasi … der im spaeten 20. Jahrhundert von der Menschheit entdeckt wurde.”

Jarfor

Da geht mir natuerlich das Herz auf, denn wie viele von euch wissen, hat meine eigene Forschung mit Hot Jupiters zu tun. Und den Planeten von 51 Pegasi gibt es tatsaechlich. Aber wo ich stutzig wurde: da steht, dass die Umlaufzeit dieses Planeten um seinen Stern 1.3 Erdenjahre betraegt. Hmmm, dachte ich, Hot Jupiter haben normalerweise Umlaufzeiten von ein paar Tagen Dauer. Kann das also tatsaechlich ein heisser Gasplanet sein?

Also mal nachgedacht: die Temperatur eines Planeten haengt groesstenteils von der Einstrahlung ab, die er von seinem Stern bekommt. Und diese ist eine Funktion der Sterntemperatur, des Sternradius, und des Abstands zwischen Stern und Planet. Den Abstand kann man aus der Umlaufzeit und der angenommenen Sternmasse errechnen. (Und die Albedo, also das Reflektionsvermoegen des Planeten, lassen wir jetzt mal weg.) Schnell ein paar Formeln hin- und hergeschubst, und man findet:

Temperatur_Planet = Temperatur_Stern * Wurzel(0.5 * Abstand * Radius_Stern).

Wenn man da mal einen blauen B-Stern nimmt, der etwa 5 mal heisser ist als die Sonne und 6 mal groesser, findet man tatsaechlich eine Planetentemperatur von etwa 2000 Kelvin (etwa 1700 Grad Celsius). Hot Jupiter nennt man normalerweise Planeten, die heisser sind 1000 Kelvin (etwa 700 Grad Celsius). Das passt also.

Aber Moment: wenn man sich das Sternsystem im Spiel mal anschaut, dann sieht der Stern nicht besonders blau aus:

Hoc_System

Eher weiss-gelb. Es muss also ein weniger heisser Stern sein, zum Beispiel ein F-Stern. Und ein weiteres Stueck Information ist der Planet Virmire im gleichen System (an den sich manche vielleicht wegen der tragischen Spielereignisse dort erinnern). Dieser wird als bewohnbarer Planet beschrieben, mit tropischen Temperaturen (ja, und den Treibhauseffekt lassen wir jetzt der Einfachheit halber auch mal weg):

Virmire

Nun gut, wenn wir also die Werte fuer einen F-Stern in die Formal stecken, finden wir eine Temperatur von ca. 370 Kelvin (100 Grad Celsius) fuer Jarfor und 200 Kelvin (-70 Grad Celsius) fuer Virmire. Also beides viel zu kalt.

Aaaaber: Sterne blaehen sich gegen Ende ihres Lebens auf und werden heller und roeter. Wenn wir also annehmen, dass es sich hier um einen langsam sterbenden Stern handelt, kann man da noch ein bisschen dran drehen: Ein aufgblaehter ehemaliger A- oder B-Stern kann z.B. weiss-gelbe Farbe haben, bei einem Radius von etwa 4 Sonnenradien und einer Masse von etwa drei Sonnenmassen.

Damit findet man fuer Virmire eine Temperatur von etwa 300 Kelvin bzw. 30 Grad Celsius – passt. Fuer Jarfor findet man etwa 550 Kelvin, also 280 Grad Celsius – das ist immer noch etwas zu kalt, man hat hier also hoechstens einen “Warm Jupiter”. Aber immerhin.

Dieser Stern, dessen Eigenschaften sich so schoen rekonstruieren lassen, wuerde sich uebrigens in der Realitaet weiter aufblaehen, anfangen zu pulsieren, und schliesslich einen grossen Teil seiner Masse abwerfen und einen sogenannten Planetarischen Nebel bilden, mit einem Weissen Zwerg in der Mitte. Da werden dann zwar vorhandene Planeten geroestet, aber das Endergebnis sieht wunderhuebsch aus:

cateyenebula

Ja, das ist ein echtes Foto. Vom Katzenaugennebel. Aufgenommen im sichtbaren Licht und im Roentgenbereich (Picture credit: NASA/CXC/RIT/J.Kastner/NASA/STScI). Das Weltall sieht schon verdammt cool aus.

Jedenfalls, mit einem “Warm Jupiter” in Mass Effect bin ich zufrieden, und das Spiel hat mich dazu gebracht, mal wieder ein paar grundlegende astronomische Formeln rauszukramen. Kann nicht jedes Videospiel von sich behaupten. Daher wird es jetzt Zeit fuer mich, den zweiten Teil von Mass Effect zu installieren…

Katja

This entry was posted in Uncategorized. Bookmark the permalink.

2 Responses to Astronomie und Videospiele

  1. Mom says:

    Hab alles überprüft, hast recht, Frau Doktor 🙂

  2. gordiank says:

    Ich habe keine Zweifel – bin nur ein bisschen sprachlos… 🙂

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *